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Von Elba nach Korsika: Als Toilettentieftaucher unter den Padrones

Von Elba nach Korsika:
Als Toilettentieftaucher unter den Padrones

Elegant sieht sie aus, die Grand Soleil 46.3. Und elegant segelt sie auch. Mit zwei Fingern lässt sie sich durch die tiefblauen Mittelmeerwellen steuern. Zuerst geht es von San Vincenzo am italienischen Festland hinüber nach Elba. Erster Eindruck: Italien ist irgendwie anders. In den Häfen liegen vor allem luxuriöse Motoryachten mit putzenden Angestellten, der Padrone zeigt von seinem Schattenplatz aus, wo noch zu wienern ist. Auf den dicksten Yachten weht die maltesische Flagge, für die Steuern hat es dann doch nicht mehr gereicht …
Während die Signoras vom Nachbarschiff zur Shoppingtour starten, versuche ich mich als Toilettentieftaucher – unser Waschbecken-Ausfluss ist verstopft. Selbst im Hafen ist das Wasser so klar, dass ich die rausgepolkten Schinkenstückchen davonschwimmen sehe.

Über Wasser ist die Sicht noch faszinierender. Am Horizont stehen wie eine Mauer die hohen Berge von Korsika, und während unserer langen Tour taucht immer irgendwo eine Insel auf: Capraia, Montecristo, Giglio, wo voriges Jahr ein besoffener Kreuzfahrt-Kapitän hängen geblieben ist. Wir setzen über nach Bastia und genießen im alten Stadthafen das etwas Abgeranzte, nicht so Geschniegelte. Hier sitzen auch normale Leute auf den Bötchen, nicht nur Stinkreiche.

Mehrere Tage lang fahren wir an der korsischen Küste nach Süden, es wird immer schöner und noch schöner: Schnee auf den Berggipfeln, Flussmündungen, Leuchttürme und schließlich der zerklüftete Süden mit der Bucht von Porto Vecchio. Der Sommerwind passt in Stärke und Richtung: Drei Beaufort immer genau so, dass es für einen schönen Amwindschlag reicht. Auch kulinarisch ist Korsika extraordinaire. Wer einmal die luftgetrocknete Wildschweinsalami gekostet hat, braucht in Berlin nicht mehr zum Fleischer zu gehen. In Bonifacio, der alten Felsenstadt mit Blick auf Sardinien, wird mehrfach „pain des morts“ angeboten, „Brot der Toten“. Ich frage nach, es ist nicht vergiftet, sondern eine Art Rosinenbrot, das nach alter Tradition am Morgen vor einer Beerdigung gegessen wird.

Die 90 Meilen zurück nach Elba planen wir als Nachtfahrt. Leider müssen wir mit Einbruch der Dunkelheit die Maschine anwerfen, denn auch der Wind ist müde geworden. Gegen fünf Uhr früh, wir haben gerade das Westkap von Elba passiert, ist plötzlich Ruhe. Maschine aus. Ich als gelernter Mittelmeertaucher muss wieder runter, am Propeller ruckeln. Der ist fest. Getriebeschaden? Zum Glück wacht der Wind wieder auf und bringt uns bis in den Hafen von Portoferraio, wo mein Freund mit einem Liter Getriebeöl den Motor wieder in Gang bringt.

Der Törn ist gerettet. Wir erkunden noch ein bisschen Elba und schließlich noch die alte Gefängnisinsel Capraia. Obwohl sie zu Italien gehört, sieht es eher abgeranzt-französisch aus, also überaus sympathisch.

Auf den letzten paar Meilen zurück nach San Vincenzo sehen wir sogar noch Delfine. Schöner kann man sich einen Segeltörn kaum vorstellen.

Uwe Wolf,
Eichwalde